Po und Contra

„Pardon!“
Der Mann in der Kassenschlange hinter mir (2 Dosen Ravioli, 1 Packung Pinienkerne, 3 Tafeln Ritter Sport Alpenmilch) zwängt sich an mir vorbei, um eine leere Einwegplastikflasche in den Müll zu geben. Sein Po streift den meinen. Man könnte sagen: intensiv.
„Verzeihung!“ Es ist ihm sichtlich unangenehm. „Kein Absicht!“
„Kein Problem.“ möchte ich sagen. Sage aber: „Kein Poblem.“
Sofort muss ich kichern. Alles vibriert. Lachflash. Eruptiv. Der Mann hat mein aus Versehen verschlucktes R gar nicht registriert. Herr O., der überaus runde und haarige Kassierer, hingegen schon. Er grinst. Breit. Und vibriert ebenfalls: „Ja, dem Mangel an Platz kann man mit Po und Contra begegnen.“
Ich lache schallend. Es schüttelt mich. Der Mann hinter mir guckt irritiert. Fast genervt. Herr O. bemüht sich, meine Kichererbsen über den Scanner zu ziehen. Er muss drei Mal ansetzen, weil ihm Tränen vor Lachen übers Gesicht kullern.
Ich versuche mich zusammen zu reißen. Angesichts der Tatsache, dass ich „Kichererbsen“ eingekauft habe, will das überhaupt nicht mehr gelingen. Herr O. schnauft glucksend: „Alles reine Povokation.“ Mir wird schwindelig vor Lachen. Gerne würde ich jetzt auf den Boden sinken und mich kugeln. Herr O. hat aufgehört zu scannen. Stattdessen wischt er sich Schweißperlen und Tränen aus dem Gesicht. Die Menschen in der Schlange hinter mir sind ungehalten. Besonders der Mann. Ich möchte gerne etwas sagen, aber ich kann nur lachen. Herr O. stammelt, dass es ihm leid tut und lacht. Scannt nicht. In der Schule wurde ich früher in solchen Momenten vor die Tür geschickt. Herr O. klopft mit der flachen Hand auf das Warenband und unternimmt nicht einmal mehr den Versuch zu kassieren. Der Mann hinter mir sagt nichts. Ein Paar wechselt die Kasse. Irgendwer ätzt: „Geht’s jetzt mal weiter? Das ist ja schon unverschämt!“ Der Mann hinter mir ist aufgebracht. Ich würde gerne etwas sagen. Beschwichtigend. Ich würde auch gerne aufhören zu lachen. Oder Herrn O. zum weiter scannen bewegen. Aber nichts geht mehr.
„Bitte….“ japse ich und möchte Herrn O. an den Zweck seiner Anwesenheit erinnern. Der winkt ab. „Schon gut, schon gut.“
Und ist, wie auf Knopfdruck, plötzlich wieder ernst und zieht meine restlichen Einkäufe übers Band.
Augenblicklich endet mein Lachen. Die Wangen glühend, reiche ich ihm meinen 50 Euro Schein. Ich wage nicht, jemanden anzusehen. Wahrscheinlich kommt gleich der Filialleiter und gibt mir Hausverbot. Herr O. reicht mir das Wechselgeld. Er blickt mich leidenschaftslos an: „Man muss in allem das prositive sehen.“ Der Mann hinter mir ist nicht mehr da.

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