Die Lesung zum neuen Buch – Eintritt frei

Am Mittwoch den 29.06.22 wird ordentlich gespoilert – dann gibt es um 20 Uhr in Moorburg im „Wasserturm & Feuerteufel“ die erste Lesung exklusiv mit Texten aus dem alsbald erscheinenden, neuen Buch. Vorbestellungen sind möglich.

Infos zum Buch findet ihr hier: https://www.dreiviertelhaus.de/reihen/einzeltitel/dienstag-mit-taube/

Reserviert einfach einen Tisch, kommt gern früh genug, um noch die köstliche Küche von Achim de Buhr zu genießen und lauscht ab 20 Uhr den Geschichten, die voller Leben und Liebe, Lachen und leisen Tönen sind. Wem’s gefallen hat, kann zum Schluss den Hut füttern. 😉

Ich freu mich auf euch und einen fabelhaften Abend!

Gefaltet

Das Rollo ist runtergefallen. Doch statt halb aufgelöst und zerknittert auf dem Boden zu kauern, liegt es ganz kerzengerade dort, artig wie ein ertappter Hund. Dass die Klebeaufhängung nicht halten würde, war klar. Sagte natürlich nicht ich, sondern mein nachbarschaftlicher Rollosachverständiger.

Jetzt liegt das Rollo auf der Heizung und wartet. Ich suche die Klemmhalter. Finde Erstaunliches. Viele Kabel, die ich nicht kenne, obwohl ich sie einmal gekannt haben muss. Ein länger vermisstes Brotmesser, das bei meinen Schraubenzieher Unterschlupf gefunden hat. Genau, ich habe einen Schraubenzieher. Und einen Hammer. Und irre viele Schrauben. Lauter Schrauben, für die man einen Kreuzschraubenzieher braucht. Den habe ich wiederum nicht. Meiner kann nur normal.

Nirgends die Klemmhalter. Ich kann mich einfach nicht erinnern, ob ich sie aufgehoben oder weggeworfen hab. Sowas wirft man doch nicht weg, sagte meine freundschaftliche Rollonichtsachverständige. Ich schon.

Bügeln ist gut gegen Unmut. Und Klemmfindungsfrust. Wenn ich Stoff glattstreiche und gewärmter Waschmittelduft zu meinen Flimmerhärchen emporsteigt, empfinde ich Ruhe. Als Kind hab ich gerne gemangelt. Meine Mutter fand das ein wenig gut und auch ein wenig anstrengend, weil meine Mangelruhe stets die Gefahr in sich barg, dass ich mir die Finger verbrenne. Ob es noch Menschen gibt, die eine Heißmangel ihr Eigen nennen?  Die Freude haben am sanften Gegenziehen und akribisch gelegten Kanten?

„Falten Sie ihr bitte nicht die Hände“ hat gestern ein Ehemann zu mir gesagt. Sie hält jetzt, aufgeschlagen, ihr Lieblingsbuch.

Woran man so denkt, am Abend.

Warnzeichen

Spürbar
durch den Zug des Rauches.
Blätter und Fahnen,
wie Zweige bewegt,
neben gestreckten Wimpeln,
tanzen Staub und Papier
auf den Straßen.
Pfeifen die Telegrafenleitungen
deiner fühlbaren Hemmung
beim Gehen hinterher.
Vor bewegten Bäumen
heben sich die Rauchhauben,
fallen die großen Äste,
brechen die Stämme,
entwurzeln sich selbst Große
ganz leicht.
Schwer verwüstet wirkt
die Welt
im senkrecht aufsteigenden Rauch
plötzlicher Windstille.

2022 strang

Wie man sieht, steckt selbst in der Windwarnskala lyrisches Potenzial. 🙂 Fotoquelle: https://www.wettergefahren.de/warnungen/windwarnskala.html

Veranstaltungen im März

Gleich zwei Mal geht es im März auf die Bühne. Am 23.03.22 um 20:00 Uhr findet meine Solo-Lesung „Vielleicht verwächst es sich“ statt. In der Ankündingung heißt es: „Ihre beobachtungsfeinen Geschichten sind Unikate, ihre Zuschauer Wiederholungstäter. Wenn Bettina Strang eine Bühne betritt geht es kunterbunt mitten ins Leben. Sie erzählt von unverhofften Begegnungen und verpassten Momenten, springt selbstironisch mitten ins Herz und sorgt im Handumdrehen für vergnügtes Lachen. Dass es zwischen ihren Zeilen ganz still werden kann, ist die Besonderheit jedes Lese-Abends.“

Ihr wollt dabei sein? Dann einfach anrufen und im Kulturcafé Komm Du einen Tisch reservieren. Eintritt frei, Hutkasse

https://www.komm-du.de/

Solo-Lesung im Kulturcafé Komm du in Harburg

Am 26.03.22 um 20 Uhr geht es dann ab zur Theaterlesung „Einen Moment bitte“, die seit Dezember 2021 regelmäßig eine vergnügliche Dialogachterbahn zusammen mit dem Schauspieler Haiko Schröder auf die Bühne bringt.

Aus der Ankündigung: „Es gibt Freunde, es gibt Feinde – und es gibt Mia. Durfte sich Bettina Strangs Publikum im letzten Jahr über die Begegnungen mit Ole, dem Nachbarn freuen, geht es diesmal in die Dialog-Achterbahn mit Mia und anderen Zeitgenossen. Wie leiht man einen Mops? Was passiert durch Lammluft im Körper? Und wie schlägt man garantiert jede Liebe in die Flucht?

Herzlich, wahnwitzig und skurril wird es …

„Ihre Art Texte vorzutragen ist unique“ befinden Zuschauer von Köln bis Hamburg. Jetzt ist es wieder soweit. „Einen Moment bitte!“ heißt die Lesung, die eigentlich keine ist. Warum, das sollte man selbst erlebt haben.

Ihr wollt dabei sein? Kartenreservierung im Kellertheater Hamburg unter:

https://kellertheater.de/repertoire/einen-moment-bitte

Dialog-Lesung im Kellertheater Hamburg

Nahmoment

Sie hat ihm dem Rücken zugewandt. Steht dicht, aber nicht angelehnt. Ihr sehr kurzes, dachsgraues Haar zeigt in sanften Wellen, dass es lockig wäre, hätte es mehr als diese zwei Zentimeter Länge. Kleine Ohren, robust und fleischig wie die ganze Frau. Ihre Brillengläser sind kaum größer als die Augen, randlos oval. Hände, die Papier mit Bastelscheren akkurat zerteilen können, die sommers in Beeren greifen, die auf Kinderköpfen Strähnen zerzausen, die mit Bleistift Listen führen. Ein Daumennagel ist verkümmert. Der Ehering ein dünner Platinstreif.

ER ist eineinhalb Köpfe größer als sie. Weißes Haar mit Scheitel. Die tiefen Zornesfalten bleiben selbst im Schlaf. Seine Hände ruhen in den Anoraktaschen, manchmal gleicht er mit den Knien die Zugbewegungen aus. Er schaut auf die Bildschirme, er schaut aus dem Fenster, er schaut auf den Obdachlosen, der uns erzählt, warum er auf der Straße lebt. Er gibt ihm keinen Euro. Diesmal nicht. Er legt seiner Frau die Hand auf den Arm. Sie zieht eine Münze aus der Tasche, aber da ist der Obdachlose schon weg.

Ich stehe gegenüber und betrachte das gewachsene Beieinander. So zu stehen, denk ich. Eins aus zwei Körpern ungekuschelt nah. Die Liebe im Nacken. Die Türen gehen auf, ich steige aus. Zwei Stationen zu früh. In mein Nichts.