Er und Sie

Wenn man die Menschen fragt, wann und wie habt ihr euch kennengelernt, dann erzählen die meisten vom Moment der ersten Begegnung.

Nur manchmal, ganz manchmal, erzählt jemand etwas anderes.

Abgründiges.

Vom Schrei. Vom Tonlosen. Von Zartheit und Zärtlichkeit. Von Überraschung. Von Ohnmacht. Vom Schlag.

Von der Liebe. Die erst dann.

Heute sagte eine Frau: Wir haben nie aufgehört uns kennenzulernen.

Als wir mit der gemeinsamen Totenfürsorge fertig waren, beugte sie sich hinab zum bleichen Gesicht. Küsste es. Legte ihre Hände auf die Stille, die noch vorgestern ein Herz war, und sagte den Körper betrachtend: „Wirklich verrückt, wieviel Energie wir alle auf dieses Fleisch verwenden, das nichts ist ohne uns. Aber zumindest hier sind wir … sind wir auch nichts ohne dieses Fleisch.“
Noch eine Weile hielt sie seine Hand. Ließ los.

Auf dem Heimweg blickte ich in den Himmel. Er hatte so wenig Antworten wie ich.

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