Radiomoment

Raps. So weit das Auge reicht. Der Himmel über dem Land nördlich von Hamburg ist ein besonderer, mit Wolken, die divengleich den großen Auftritt lieben. Dramatisch wechseln sie Formation und Farbe. Sie sind die Stars, wir die Kulisse.
Aus dem Naturholzsarg hinter uns klingt aus den dünnen Lautsprechern eines pralinenschachtelgroßen Transistorradios das Programm eines Oldiesenders. Be-Bop-A-Lula. Davor sang Paul Anka.

Das Radio stand neben ihrem Bett, und tagsüber war es stets dort, wo auch sie gerade war. Sie mochte die melodische Begleitung durch den Tag. Und die Nacht. Das habe sie beruhigt, sagen die Söhne, deren Tränen schon vor dem Öffnen der Tür leise und lückenlos in Bächen liefen. Den Tag, den ganzen Tag. Ähnlich sind sie einander, diese drei unterschiedlichen Brüder. Und greifen sich bei den Händen, als sie uns herein bitten.

Ihr altes Herz ist einfach stehen geblieben in der Nacht, die Musik spielte weiter. Ob sie es ihr mitgeben möchten für die Fahrt, fragen wir. Es hat Batterien. Zurück nach Hamburg sind es gut eineinhalb Stunden.
Ja!
Ja, weil’s sie beruhigt. Wie gut, wie gut!
Sie halten sich. Wie gut.

Draußen sinkt die Sonne aus den Baumkronen zwischen die Stämme herab. Das neue Grün wird golden und überall wirkt Fliederduft, während Harry Belafonte sich durch das helle Sargholz hindurch Liza zurück wünscht: „When the evening starts to fall, water come to me eye“.

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